Schema X von schlechten Liebesromanen

Kapitel1: Die Hauptperson des Romans, die Heldin der Liebesgeschichte, wird vorgestellt. Bei ihr handelt es sich um eine Frau, die zwar nicht dick ist, trotzdem mit ihren Gewicht kämpft. Deren Haare manchmal fettig sind, aber dennoch wunderschön leuchten in der Sonne. Eine Frau also, die kein Topmodell ist, aber auch nicht hässlich oder gar ungepflegt. Eine Frau völligen Durchschnitts, damit sich auch jede Leserin mit ihr identifizieren kann.

Kapitel2: Die vermeintliche Heldin wird nun genauer vorgestellt. Dabei wird davon überzeugt, dass die Heldin nicht nur mit den falschen Fuß aufgestanden ist, sondern generell im Leben etwas neben sich steht. Sie lässt kein Fettnäpfchen aus und stolpert von einer tollpatschigen Situation in die Nächste. Man lacht über sie, nicht mit ihr. Welche Leserin die Heldin jetzt noch nicht sympathisch findet, ist ihr zumindest so weit gut gesinnt, dass sie ihr einen schnellen schmerzfreien Tod wünscht.

Kapitel3: Beschreibt einen ganz gewöhnlichen Arbeitstag der Heldin, in dem ihr wieder mal nichts gelingen mag. Bei ihrer beruflichen Unfähigkeit zerfließt die Leserin vor Fremdscham und fragt sich in welchen Augenblick der Unvernunft dieses Unglückskind zusammen gepämpert worden ist. Doch die Heldin behält sich, trotz ihres lebensbeeinträchtigenden Tollpatschhandicap, eine positive Lebenseinstellung. Abgesehen von den Momenten, in denen sie sich die Augen ausheult und der unglücklichste Mensch auf der Welt ist. Was bei bisherigen 50 Leseseiten, auf 40 der Fall war.

Kapitel4: Zu den genannten Problemen gesellt sich auch noch ein Finanzelles. Das nur daran liegt, dass die Heldin in einen unterbezahlten Job fest sitzt, wo ihre wares Potenzial nicht erkannt wird. Was genau diese unerkannten Talente sein sollen, außer Mitleid zu erregen, darüber lässt sich der Autor nicht näher aus. Fakt ist: Fest zu sitzen in einem unterbezahlten Job, kennt so gut wie ein jeder und schafft so mit neues Identifikationspotenzial.

Kapitel5: Die Leserin ist nun vollkommen davon überzeugt, dass die Heldin kein leichtes Leben führt und einige Probleme eine dringende Lösung erfordern. Während sich die Heldin bei ihrer besten Freundin, oder sogar Mutter ausheult, spinnt die Leserin schon Rettungsaktionspläne. Vielleicht ein Gespräch mit der Vorgesetzten, Supervison oder gar eine Psychotherapie. Diese Tolpatschigkeit kann doch nur psychische Ursachen haben.

Doch da wird die Lösung der Probleme auch schon präsentiert:

Kapitel6: Die Heldin trifft ihren Traummann. Er ist ein richtiges Alphatier, zieht alle Blicke und Aufmerksamkeit an sich. Natürlich er zu durchtrainiert, zu gut gekleidet und viel zu reich für eine Normalofrau, wie die Heldin. Doch wie durch ein Wunder intressiert sich dieser Traumann an den Abend nur für sie. Das die Heldin überhaupt als pummeliger Tollpatsch mit dem Traummann in Interaltion tritt, verdankt sie dem Alkohol. Jede Menge Alkohol. Der dann auch als Ausrede dient sich unter adeligen Namen vorzustellen, aller warnenden Mutterstimmen aus den Kopf zu verbannen und mit dem Traummann eine heiße Nacht zu verbringen.

Kapitel7: Die Heldin erwacht, der Traummann ist verschwunden. Von ihm bleiben meist nur alkoholgetränkte Erinnerungen, manchmal sogar ein handgeschriebener Abschiedsgruß mit den Worten „War nett, belassen wir es dabei“. In den aller übelsten Fällen, meldet sich sogar die Verlobte am Anrufbeantworter des Traummannes. Auf jeden Fall taucht ein handfestes Indiz dafür auf, dass es sich bei dem Traummann viel mehr um ein Arschloch handelt.

Kapitel8: Gekränkt sucht die Heldin den Weg nach Hause. Sie möchte den Gedanken, bloß ein kurzer Fick gewesen zu sein, nicht wahr haben und hält an den kindischen Gedanken, ihren Traummann gefunden zu haben, weiter fest.

Kapitel9: Die Heldin wartet darauf, dass sich ihr Traummann meldet.

Kapitel 10: Die Heldin versteht weiterhin nicht, warum ihr One-Night-Stand nicht mit einen Heiratsantrag geendet hat und wartet noch immer darauf dass ihr Traummann ein Lebenszeichen von sich gibt

Kapitel 11: Die Heldin wartet noch immer vergebens, fragt sich allerdings langsam, ob es möglich wäre, dass sie sich in ihren Traummann getäuscht haben könnte.

Kapitel12: Der Traummann hat sich noch immer nicht bei der Heldin gemeldet. Die tendiert nun zu der Kenntnisnahme, dass es sich bei dem Traummann möglicherweise doch um ein Arschloch handelt.

Kapitel13: Die Heldin ist nun offiziell davon überzeugt, dass der Traummann ein Arschloch ist und beschließt nicht mehr an ihn zu denken.

Kapitel14: Die Heldin denkt an den Traummann und ersinkt in Selbstmitleid.

Kapitel15: Die Heldin beschließt ihr Leben in den Griff zu bekommen und einmal mehr nicht an das Arschloch von Traummann zu denken.

Kapitel16: Die Heldin schwebt im Liebesglück. Gerade eben hat sie doch bemerkt, dass sie ihren Traummann gar keine Handynummer hinterlassen hat und er sich somit gar nicht bei ihr melden konnte.

Kapitel17: Die Heldin hat nun den Traummannstatus wieder aberkannt, immerhin hat sie einen Festnetzanschluss. Das Arschloch hätte ja mal einen Blick ins Telefonbuch werfen können.

Kapitel18: Die Heldin schwebt in Liebesglück, ist sie doch drauf gekommen, dass sie sich ihren Traummann unter falschen Namen vorgestellt hatte. Ihr Traummann hatte also gar keine Chance die richtige Festnetznummer herauszufinden.

Kapitel19: Allen mittelalterlichen Vorstellungen zum Trotz beschließt die Heldin nun selbst die Initiative zu ergreifen und ihren Traumman ausfindig zu machen.

Kapitel20: Die Heldin fängt nun an ihren Traummann zu stalken. Sie downloadet seinen Lebenslauf, schleicht um den Tatort der gemeinsamen Nacht und beschattet seinen Arbeitsplatz.

Kapitel21: Nach monatelangen Stalken ist es soweit. Rein zufällig begegnen sich die Heldin und ihr Traummann wieder. Der Zeitpunkt dafür ist denkbar schlecht, ist die Heldin doch gerade unfrisiert, mit verlaufener Schminke oder irgendwie anderweitig entstellt. Während der Traummann gerade von einer unbekannten Schönen, der Marke „so schön dass du nicht mithalten kannst, Bitch“ oder gar seiner Verlobten okkupiert wird. Der Heldin bleibt nur die Flucht.

Kapitel22: Die Heldin zerfließt erneut in Selbstmitleid und stürzt sich in Schokoladenorgien. Sie beschließt ein Mal mehr, dass ihr Traummann ein Arschloch ist, an den sie nicht mehr denken wird.

Kapitel23: Die Heldin beschließt sich mit einem anderen Mann zu trösten. Von den Alphamännchen enttäuscht, sucht sie sich nun für diesen Job den Langweiler vom Dienst aus. Bei ihm muss sie keine Konkurenz fürchten, da sie als Betaweibchen, Paarungstechnisch in derselben Liga spielen.

Kapitel24: Bei einem gemeinsamen Date merkt die Heldin, dass der Langweiler richtig langweilig ist und sie lieber doch das Alphamännchen haben will. Der Gedanke dieses Männchen mit anderen Frauen teilen zu müssen, schreckt sie plötzlich nicht mehr. Sie beschließt nun den Traummann für sich zu gewinnen, koste es an Selbstachtung was es wolle.

Kapitel25: Erneut begegnet die Heldin ihren Traummann, doch diesmal sind die Umstände für ein klärendes Gespräch um einiges besser, da die Verlobte Modellfreundin bereits verlassen wurde, oder die hübsche Begleiterin sich als Schwester entpuppt hat. Alles in allem versucht der Traummann davon zu überzeugen, dass er gar kein so großes Arschloch ist, wie die Heldin zuerst befürchtet hatte.

Kapitel26: Die letzten Zweifel der Heldin werden zerstreut, da der Traummann einen handfesten Beweis erbringen kann, dass sein übereilter Abschied nach der gemeinsamen Nacht unabbringlich, ja sogar lebensnotwenig gewesen war. Der Traummann versichert seit dieser Nacht, nur noch an die Heldin gedacht zu haben, selbst beim Beischlaf mit seiner Verlobten.

Kapitel27: Die Heldin schwebt im Liebesglück. All ihre Probleme scheinen gelöst. Das Happy End scheint greifbar nah.

Doch da:

Kapitel28: Die junge Liebe wird schwer auf die Prüfung gestellt, als plötzlich die Ex-Verlobte einen getürkten Schwangerschaft Test aus dem Ärmel schüttelt. Das Paar zerstreitet sich und die Heldin kehrt zum gewohnten Selbstmitleid zurück.

Kapitel29: Der Traummann beteuert weiterhin das wahre Interesse an der Heldin. Die ist einsam in ihrem Selbstmitleid und beschließt daraufhin, ihren Traumman jeglichen sexuellen Aktivitäten seit der gemeinsamen Nacht, einschließlich heute, zu vergeben, eventuell gezeugte Kinder in dieser Zeit zu adoptieren und mit ihm groß zu ziehen.

Kapitel30: Jetzt wo die Liebe des Paares die schwere Prüfung bestanden hat, gesteht die Ex-Verlobte ihre Intrige ein. Alles löst sich in Wohlgefallen auf. Der Traummann hat die Heldin nicht nur von ihrer Tollpatschigkeit geheilt, sondern durch sein Vermögen auch von den unterbezahlten Job erlöst. Schließlich lässt er auch noch den größten ihrer Träume in Erfüllung gehen und sie bekommt den langersehnten Heiratsantrag, ihrer Ehefrau und Mutterkariere steht nichts mehr im Wege.

Nur das Mutterkreuz kann er ihr leider nicht umhängen. Aber zum Glück gibt es zum Festigen von Rollenbildern ja weiter die Literatur.