Wenn man Großeltern hat, dann hat man meist ach die Bürde, dass die einen etwas zum Geburtstag schenken wollen. Seitdem ich zu groß bin und mich wehren kann, die selbstgestrickten Pullovers und selbstgenähten Kleider anzuziehen, hat mich meine Großmutter dann gefragt, was sie mir den zum Geburtstag schenken soll. Ich hab dann etwas gesagt, was ich mir im Moment wünsche. Meine Oma ist drauf gekommen, dass sie keine Ahnung hat, wo man das bekommen könnte. Und daweil war es nicht mal etwas unanständiges. Auf jeden Fall sind wir dann dazu übergegangen, dass ich einfach zum Geburtstag Geld bekomme und mir dann selber diese Sachen kaufe.
Das hat wunderbar geklappt diese Abmachung. Doch plötzlich letztes Jahr …….
Ich sitze in eine Gemeindebauwohnung und starre die weiße Tapete mit den silbernen Klecksverzierungen, die einen die Fadesse dieses Ortes entgegen schreien.
Nicht das es schon schlimm genug ist überhaupt in diese Familie geboren worden zu werden, muss man auch noch den Geburtstag mit ihnen feiern.
„Heuer haben wir etwas ganz besonderes für dich“, verkündet die Oma begeistert. Euphorisch stellt sie mir ein Packerl auf den Tisch.
Ich ahnen schlimmes, wenn einen Großeltern beschenken, dann kann das nur übel ausgehen. „Weil du immer so viel reist“, leitet meine Oma das Geschenk ein.
Ich blicke das Packerl an. Okay, es ist nicht riesig, aber als geübter Backpacker, würde ich auf diese Größe all mein Gewand bekommen. Ich überlege was es sein könnte. Vielleicht ein Haufen Socken. Das wäre praktisch. Ich weiß nicht warum, aber Socken sind immer das erste was mir auf einer Reise ausgeht. Also mach ich mich dran das Geburtstagsgeschenk auszupacken. Langsam überkommt mich auch die Neugierde. Reisen tu ich ja wirklich gerne. Und wenn es tatsächlich etwas für unterwegs ist…..
„Es ist ein Reisebügeleisen“, verkündet meine Oma. „Damit kannst du immer deine Wäsche bügeln, wenn du unterwegs bist und musst nie mit faltigen Hosen herumlaufen.“
„Ein Reisebügeleisen? Oh danke Oma! Das hab ich mir wirklich schon immer gewünscht! Jedes mal wenn ich in einen Hostel geheim meine Wäsche im Waschbeken am Klo wasche, frage ich mich. Oh mein Gott, wie bekomme ich nur die Falten raus! Jetzt muss ich mir darüber keine Sorgen mehr machen.“ Meine Oma versteht halt wirklich was ein Backpacker braucht, sie ist wirklich eine Frau von Welt.
Wenige Monate später begebe ich mich wiedermal auf Reisen. Ich buche spontan einen 27 Stunden Bustrip und befühle meinen Rucksack. Plötzlich fällt mein Blick auf das Reisebügeleisen. Ich beschließe es in einer Aktion aus unterschwelligem Zynismus mit zu nehmen und mich damit auf Reisen zu photographieren. Dieses Bild werde ich dann meiner Oma schicken, die den Zynismus kein bisschen verstehen wird und das Bild Einrahmen lassen wird, zum Andenken an ihr geniales Geburtstagsgeschenk. Ich packe also das Reisebügeleisen ein und schleppe mich samt Rucksack zu der Bushaltestelle.
Der Bus ist überbucht, sollte rein theoretisch nicht funktionieren, aber praktisch ist kein Sitzplatz frei. Ich sehe mich schon 27 Stunden stehen, als mir plötzlich ein Mann zuzwinkert. „Hier ist noch Platz“, lässt er mich wissen und deutet auf seinen Schoß. Das lass ich mir nicht zweimal sagen und werfe mich auf seine Lenden, samt schweren Reisebügeleisen im Gepäck. Er stöhnt vor Schmerzen, das war der Höhepunkt, dann biete er mir den Sitzplatz für mich alleine an. Eins zu Null für mich und mein Reisebügeleisen.
Nach einer elend langen Nacht im Bus freue ich mich schon auf mein Hostel. Es ist zu meiner Freude nicht überbucht und ich teile mir den sechser Schlafsaal nur mit zwei Anderen. Doch mit schlafen ist nichts, denn eine der zwei Kerlen schnarcht, als wäre er gerade dabei einen Baum zu zersägen. Ich ziehe den Polster über meinen Kopf, als das auch nichts hilft, greife ich zu härteren Maßnahmen. Ich schnappe mir mein Reisebügeleisen und lass es auf seine Zehen fallen. Abrupt wird das Schnarchen von Schmerzenschreien abgelöst und wir alle rätseln, wie das Bügeleisen in das Bett kommt. Es kann ja nur vom Hostel sein, welcher Idiot würde auch ein Bügeleisen mit sich herumschleppen. Der Kerl muss sich ins Badezimmer seine Zehen kühlen gehen und ich kann endlich schlafen.
Am nächsten Morgen packe ich unauffällig mein Reisebügeleisen ein und mache mich auf die Stadt zu erkunden. Ich will endlich die berühmte Brücke sehen, doch das stellt sich als etwas schwierig heraus, weil dass außer mir auch noch hundert andere Touristen wollen. Doch wer braucht schon Ellbogentechnik, wenn er ein Reisebügeleisen im Gepäck hat. Ich lege die Hände an die Riemen und links und rechts fliegt mir der Weg frei. Ich boxe mich durch die Masse, wie Asterix durch die Römerarmee und mache eines dieser Selfies, die so wirken als wäre man alleine auf der Welt.
Zur Feier des Tages entführe ich mein Reisebügeleisen in eine Cocktailbar. Sie ist brechend voll. Nur noch ein Platz an einen Dreiertisch ist frei, also nehme ich mein Reisebügeleisen auf die Schoß. Ich tätschle ihm die Spitze und garantiere: „Keine Sorge, bald hast du auch einen eigen Stuhl.“ Die zwei Burschen gegenüber wiegen ab ob ich jetzt witzig oder verrückt bin. Die Entscheidung fällt auf verrückt und sie verlassen vorsichtshalber die Bar. Ich klatsche mit meinen Reisebügeleisen ein und bestelle Wodka. Damit füll ich das Reisebügeleisen ab. Als es dabei ist, den Alkohol zu verdampfen, gesellen sich zwei Mädchen aus dem Hostel zu uns. Sie haben wohl das Reisebügeleisen übersehen und denken, es gebe zwei freie Sitzplätze. Ich hasse diese Art von Mädchen, die selbst als Backpacker noch nach frischen Lavendel riechen und ihre Haare nach Buttercreme duften.
Ich sage: „Hast du Augen im Kopf, ist besetzt.“ Dann streichel ich liebe voll mein Reisebügeleisen, damit es keine Selbstkomplexe bekommt.n„Du bist nicht klein. Für ein Reisebügeleisen bist du sogar ziemlich groß.“ Die Mädchen zeigen mir den Vogel und verschwinden. Der Abend ist gerettet.
Am nächsten Tag geht es zurück. Der Bus ist diesmal fast leer. Deshalb verbietet mir der Busfahrer auch einen Rucksack mitzunehmen, er muss als Gepäck eingeladen werden. Ich versichere den Rucksack einzuladen, ich muss nur etwas ganz wichtiges heraus nehmen. Zusammen mit meinen Reisebügeleisen steige ich ein. Es bekommt einen eigenen Sitzplatz und kann aus dem Fenster schauen. Der Bus startet und ich überlege, wohin wohl die nächste Reise gehen könnte. Vielleicht nach Südamerika. Oder doch besser Las Vegas? Ich blinzle mein Reisebügeleisen an. Ob wir dort heiraten könnten? Ich rutsche ein Stück näher an mein Reisebügeleisen und setzte vorsichtig einen Kuss auf seine Metallspitze. Es kippt mir in die Arme. Jetzt weiß ich es, ich hab endlich den perfekten Reisepartner gefunden.
Meine Oma, sie hat es wohl längst geahnt. Sie ist halt doch eine Frau von Welt.